Am Aschermittwoch ist alles vorbei! Alles? Mitnichten! So politisch wie 2016 war der Karneval lange nicht mehr. Das ein oder andere Problem wurde zum Problemchen oder einfach weggelacht. Griechenland? Gab es da irgendwann mal Probleme? Kann nicht sein! Darauf einen Sirtaki! TTIP? Was soll das sein? Alaaf lässt sich viel leichter ausrufen! Komm, wir gehen ein Hähnchen essen! An sich ist das genau in meinem Sinne. Aber das muss auch nicht immer gut sein.

Ich hatte mir ja eine Rückbesinnung auf alte karnevalistische Traditionen gewünscht. Manche scheinen davon aber noch nie etwas gehört zu haben! Man kann eben nicht davon ausgehen, dass nur Menschen mit gemäßigter politischer Gesinnung gesundem Menschenverstand ihre (politische) Meinung zum Ausdruck bringen. Auch das finde ich in einer demokratischen Gesellschaft erstmal richtig. Nur diskutieren wir in Deutschland nicht erst seit den tollen Tagen darüber, wo freie Meinungsäußerung aufhört und wo Beleidigung, Rassismus, gar Volksverhetzung anfängt.

Wenn in einem (karnevals-)politisch nicht ganz unbedeutenden Dorf am Rhein an Rosenmontag die Karnevalswagen auf dem Dorfplatz (war eben mal wieder so: Über Köln lachte die Sonne, über Düsseldorf lachte Köln) vorgeführt und Motive offenbart werden, die Kontroversen und heikle Themen überspitzt darstellen, kann man darüber diskutieren. Sinnvoll? Geschmacklos? Übertrieben? Künstlerisch wertvoll? Soll doch jeder darüber denken, wie er will, am Ende bleibt: Es werden einzelne Personen und deren womöglich unbedachte Handlungen und Äußerungen aufs Korn genommen, karikiert, parodiert. Ob man das witzig findet oder nicht, darüber lässt sich streiten. Und das ist der entscheidende Punkt. Man kann darüber diskutieren!

Worüber sich nicht diskutieren lässt, ist (politische) Instrumentalisierung von Ereignissen. Jeder (halbwegs gebildete) Mensch (in Deutschland) weiß, wohin das Führer führen kann. Wenn ein 2. Weltkriegs-Panzer mit der Aufschrift „Asylabwehr“ durch eine deutsche Gemeine rollt, spielt es nicht die geringste Rolle, ob davor, dahinter und rundherum so etwas wie karnevalistisches Treiben herrscht. Es ist nicht witzig! Und ganz offensichtlich auch nicht als Parodie oder Karikatur gedacht, ergo: nicht witzig gemeint! Da hat jemand den Unterschied zwischen Karneval und Idiotie immer noch nicht begriffen! Dann besauft euch bitte lieber alle wieder und gröhlt rum. Dieses Bild von deutschen Karnevalisten in der Welt kann ich definitiv besser ertragen!
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Volksverhetzung. So weit so gut. Aber was heißt das eigentlich? Ich finde es schon äußerst bedenklich, wenn eine Teilnahme dieses Fahrzeugs an einem festlichen Umzug überhaupt zustande kommt! Noch viel bedenklicher eigentlich, als dass womöglich vereinzelte Personen die Idee dazu hatten und umsetzen wollten. Man kann einfach niemanden für das Fehlen von gesundem Menschenverstand verhaften! Ich hoffe, dass hier tatsächlich strafrechtlich relevante Fehlleistungen vorliegen. Aber von wem? Gegen wen wird überhaupt ermittelt? Den Fahrer? Die dazugehörige Menschengruppe, die sich im und um den Wagen Panzer herum befindet und damit auch die von ihm ausgehende Botschaft vertritt? Die Wagenbauer, die ja nicht zwangsläufig die gleichen Personen sein müssen? Die Veranstalter des Umzugs, die dieses Gefährt genehmigt haben? Die Politiker, die nicht eingegriffen haben (in den Karnevalshochburgen auch keine Seltenheit)? Die Verantwortlichen am Tag selbst und vor Ort, die eine Teilnahme nicht verhindert haben? Wer ist überhaupt vor Ort verantwortlich? Zugbegleiter? Polizei?

Karneval mag an Aschermittwoch vorbei sein. Die Gesellschaft ist nach solchen Aktionen an Aschermittwoch höchstens am Arsch! Die Folgen von solch einer Idiotie werden ganz sicher auch darüber hinaus zu spüren bleiben! Nicht nur im genannten Ort, vermutlich nicht mal nur in ganz Deutschland. Wir leben im Web-Zeitalter. Es ist schön, dass tausende Geflohene, zahllose Zuwanderer und deren Nachkommen und etliche eigens aus dem Ausland Touristen friedlich, stimmungsvoll und ohne Vorurteile gemeinsam in Deutschland Karneval feiern. Davon gibt es vermutlich Millionen von Bildern, jedes gleichermaßen wundervoll wie unbedeutend. Denn es gibt dieses Bild von Panzern zur „Asylabwehr“. Dieses Bild geht um die Welt! So etwas zu verhindern, liegt in der politischen, juristischen und ganz besonders moralischen Verantwortung aller, denen ein solches Bild von Deutschland in der Welt nicht gefällt.
Mit künstlerischer Freiheit oder der viel zitierten Narrenfreiheit zu argumentieren, kann man hier einfach nicht gelten lassen. Freiheit, egal in welcher Form, endet da, wo sie die Freiheit anderer angreift!

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