Das neue Samsung Galaxy S7 ist da. Mitsamt Brille für die virtuelle Realität. Das Horroszenario vieler Eltern wird Wirklichkeit!Auch ich, der sich selbst als doch eher zurückhaltend beschreiben würde, was die Berichterstattung mit dem Smartphone angeht über mein Leben und das, was ich dafür halte, muss mir in letzter Zeit immer häufiger anhören, dass ich zu viel Zeit mit meinem mobilen Kommunikationsgerät verbringe vergeude. Und es stimmt schon. Hier mal noch schnell Messages überprüfen, dort im mobilen Zoo ein paar Tiere gefüttert und vor allem ständig auf dem Laufenden sein, was die Follower und Verfolgten in den sozialen Netzwerken von mir wissen wollen und ihrerseits mit mir teilen. Ich kann angeben, wo ich mich befinde und mit wem, bewerten, wie es mir dort gefallen hat, Gutscheine und Wiedergutmachungsposts erhalten, wenn es nicht gut war und mich nebenbei über die wirklich wichtigen Dinge im Leben Belangloses unterhalten. Alles, ohne auch nur ein einziges Mal den Blick vom Display meines Smartphones zu heben. Und jetzt also auch noch eine Brille zur Erzeugung einer komplett virtuellen Realität? Die totale digitale Invasion!
Letzte Woche hörte ich in einem Kommentar dazu folgende Theorie:
Es passieren immer mehr Unfälle, weil die Leute nicht mehr schauen, wohin sie laufen sondern nur noch auf ihr Handy sehen!
Ist natürlich Quatsch. Ja, man kann auch unterwegs sehr viel auf sein Smartphone schauen und damit machen. Das Jugendwort des Jahres ist eben, anders als von mir angenommen, kein Kofferwort aus Smoothie und Bambi, kein püriertes Reh, sondern die Symbiose aus Smartphone und Zombie – Menschen, die nur noch für ihr Phone leben und ihre Umwelt außerhalb dessen nicht mehr wahrnehmen. Aber nein, nicht alle Leute machen das. Und die, die es tun, tun es nicht „nur noch“, sondern lediglich vermutlich mehr, als diejenigen, denen das so deutlich auffällt.
Ich kenne Menschen, die besitzen ein Smartphone und sogar einen mobilen Akku dafür, damit es im Fall der Fälle auch unterwegs aufgeladen werden kann. Eigentlich ziemlicher Blödsinn, weil sie ihr Smartphone sehr oft sowieso zuhause lassen. „Ich bin ja jetzt unterwegs, da brauch ich ja nicht erreichbar sein!“ Ist zwar was dran, aber wozu habe ich dann ein Smartphone? Und wenn sie es dann doch einmal mitnehmen wollen, muss es zuhause bleiben, weil es nicht aufgeladen ist. Ach, Moment, da war doch was mit dem mobilen Ladegerät? „Ich habe das zwar, weiß aber nicht wo das ist, ich benutze das ja nie!“
Was jetzt vermutlich so wirkt wie der ultimative Roast der Anti-Smartphone-Gemeinde, ist gar nicht böse gemeint. Es gibt eben auf dieser Welt vermutlich sogar mehr Menschen, die weder Internet noch Smartphones besitzen, geschweige denn ohne YouTube oder Snapchat nicht auskommen können, als solche, denen es ebenso geht.
Snapchat? Snapwas? Snäpschott? Was ist denn das schon wieder? Diese Frage kam am vergangenen Wochenende bei einer Familienfeier auf. Und ich konnte natürlich nicht widerstehen. Kurze Zeit später drang aus einer Ecke des Wohnzimmers meiner Großeltern schallendes Gelächter. Meine Tante hatte die Filter entdeckt. Aber fangen wir von vorne an:
Snapchat kann man nicht wirklich erklären. Zumindest ich nicht, schon gar nicht, wenn ich nicht dabei auch zeigen kann, wie es funktioniert. (Das können diese oder jene Leute deutlich besser!) Für jeden, der Interesse daran hat, sich der digitalen Invasion (die uns allen unweigerlich bevorsteht) zu beugen, steht die App im App-Store oder bei Google Play bereit. (Wer nutzt schon Windows-Phones?) Wenn man ein wenig Gespür für den Umgang mit Smartphones hat, findet man die wichtigsten und besten Funktionen früher oder später sowieso selbst heraus. Wenn nicht – Finger weg! Kein Mensch braucht Snapchat. Aber es macht eben ungeheuer Spaß, sein Leben (fast) in Echtzeit mit anderen zu teilen – und deren Leben zu erleben, auch wenn man sich nicht jeden Tag sieht. Quasi eine Art digitales Tagebuch mit wenig Text, viel Bild und nur 24 Stunden Lebenszeit.
Und keine Sorge, man hängt eben nicht nur noch vor dem Smartphone. Auch diejenigen nicht, die fleißig darüber ihr Leben mit anderen teilen. Wie soll das auch gehen? Die Tages-Story eines durchschnittlichen Snapchat-Users dauert insgesamt wohl etwa 2 Minuten (völlig frei vermutet und ohne jegliche Überprüfung oder Analyse in den Raum gestellt). Wie soll es da möglich sein, dass der- oder diejenige den ganzen Tag und immer seine Welt mit dem Smartphone aufnimmt. Klar, das erstellen und teilen von Content dauert immer länger als das Ansehen. Auf Snapchat ist dieser Unterschied aber verhältnismäßig klein, gemessen an anderen, auch von nicht Digital-Natives konsumierten Inhalten. Beispiel Blog: Einen Text zu schreiben dauert vermutlich etwa fünfmal so lange, wie ihn zu lesen. Recherche, eventuelle Bilder, die eingefügt (und vorher erstellt und ggf. bearbeitet) werden müssen, Korrekturen und Formatierung noch gar nicht mitgerechnet. Snapchat hat einen anderen Anspruch auf Perfektion. Eine gezeichnete Zusammenfassung des Tages, ein schnelles Bild aus dem Bus, ein kurzes Video vom Chillen mit der Gang. Perfekt ist es, wenn es authentisch ist. Und klar, es gibt richtig und falsch, aber mit ausführlicher Textanalyse hat das wirklich überhaupt nichts zu tun. Insofern, liebe besorgte Eltern, freut euch, wenn euer Kind schon früh Begeisterung für Snapchat entwickelt und seine Energie und Zeit nicht in so rückständige und zeitaufwendige Dinge steckt, wie das Schreiben von Blogposts. Wer liest denn sowas schon noch?
Ach ja – ich bin übrigens wirklich bei Snapchat. Und ich mache da wirklich völlig andere Dinge als hier. Wer das überprüfen will, kann ja mal mit seiner (womöglich frisch heruntergeladenen) App über das Beitragsbild scannen. Ich freue mich auf euch!
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