Mal ehrlich – 2017 war krasser als das Vorjahr, oder? Es gab Filme, die man gesehen haben muss, Geheimtipps, Meisterwerke. Also genieße ich wieder meine Tasse Kaffee und schreibe euch etwas dazu auf. Ganz in Ruhe, Film für Film.
Wenig überraschend decken sich einige Filme mit den Nominierungs- und Auszeichnungslisten bekannter Awards. Trotzdem sind es wie immer meine persönlichen „Flourishing Films“ (Anm. d. Autors: Ja, ich weiß, dass das eigentlich „Movies“ heißen müsste. Klingt aber doof. Alliteration und so.). Die Einspielergebnissen und Preise, die ein Film erzielt, definieren meistens, ob er „erfolgreich“ ist. Eigentlich entscheidet das aber höchstens darüber, ob jemand den Film überhaupt ansieht, oder nicht. Vom ersten Bild an, das ich sehe, geht es um nichts anderes mehr, als den Film und mich. Millionen Zuschauer machen einen Film nicht zu meinem Film. Und mancher massenuntauglicher Film, ist für mich einer der schönsten Momente des Jahres. Alle Filme aus dem letzten Jahr, die dazu gehören, finden sich hier. Nicht als Ranking, sondern (mehr oder weniger) zufällig aufgelistet. Und wie der Zufall(?) es will, gehören auch 2017 einige von ihnen dann auch zu den erfolgreichen und besten des Jahres.
Schon Ende 2016 waren sich die Experten einig: La La Land wird einer der Filme des Jahres werden. Ein Meisterwerk für die Ewigkeit, ein Meilenstein der Filmgeschichte. Und eigentlich, wenn man mal ehrlich ist, ist er beides nicht. La La Land vereint viele wichtige, schöne und großartige Elemente des Films zu einem wunderbaren Erlebnis. Die Vermischung von Zeit (und Raum) lässt den Film, der mitten im Herzen Hollywoods spielt, erscheinen wie aus einer anderen Welt. Es ist eine Hommage an das alte Hollywood, die Gegenwart und die Zukunft. Und wer typisch amerikanischen Film liebt, liebt auch La La Land. Die Musik trägt den ganzen Film von der ersten Sekunde an bis zum letzten Moment. Tragische Momente, Romantik, Tanz, jede Art von Emotion spiegelt sich im Soundtrack von La La Land wieder. Die Musik macht den lebendig.
Musik – und Emma Stone. Denn was La La Land fehlt, ist eine wirklich gute Story. Da ist nichts, was es noch nie gab. Nichts, das man nicht erwarten könnte. Und dennoch macht das Zusammenspiel aus Kostüm, Bildern, Musik und der großartigen Emma Stone das zur Nebensache. La La Land ist ein Film, den man immer wieder ansehen und genießen kann, ohne dabei allzu sehr auf die Story fokussiert zu sein. Und vielleicht macht ihn gerade das zu so einem Erlebnis für die Sinne. Man kann auf die großen Kleinigkeiten achten, die das Gesamtwerk ausmachen und muss sich nicht an so etwas unwichtigem wie einer Story aufhalten. Wenn man also noch kurz eine Coke, ein Bud oder Champagner aus dem Kühlschrank holen will, ist das echt okay.
Ich empfehle aber, das insbesondere in den Solomomenten von Ryan Gosling zu tun. Ja, der Mann sieht gut aus. Und ja, er versucht tatsächlich so etwas wie grazil zu tanzen und schön zu singen. Was man aber wirklich nicht verpassen sollte, ist eben Emma Stone, wenn sie voller Inbrunst und Überzeugung den Song anstimmt, der zwar nicht im Zentrum des Films steht, für mich persönlich aber das absolute Highlight ist. „Audition (The Fools Who Dream)“ beschreibt in einem Lied genau das, was Hollywood hinter all dem Glamour und unterhalb der Oberliga der Schauspieler ausmacht. Und das spürt man sogar, wenn man gar nicht auf den Text achtet.
| Academy Awards 2017:
Actress in a Leading Role, Director, Cinematography, Production Design, Original Score, Original Song
Picture (Nom.), Actor in a Leading Role (Nom.), Original Screenplay (Nom.), Original Song (Nom.), Costume Design (Nom.), Film Editing (Nom.), Sound Editing (Nom.), Sound Mixing (Nom.)
Schon Ende Dezember 2016 kam dieser Film in die Kinos, den ich aber erst während meiner Vorbereitung auf die Academy Awards 2017 sah. Einer der Filme, die in Deutschland nur am Rande wahrgenommen wurden, obwohl er mit Amy Adams und Jake Gyllenhaal durchaus namhaft besetzt ist. Die eigentlichen Stars des Films sind aber andere. Wie schon in A Single Man gelingt es Tom Ford eine ganz eigene – und eigenartige – Stilistik auf die Leinwand zu bringen, die so ganz sicher nicht für alle Filmfans ansprechend ist. Das finde ich umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, was dieser Mann eigentlich beruflich so macht… Man muss der Geschichte – oder vielmehr den Geschichten – sehr aufmerksam folgen, um nicht völlig aus der Handlung gerissen zu werden. Denn der Film erzählt eigentlich die Story eines Romans, den der Autor seiner Ex-Frau zukommen lässt. Um der Kompliziertheit die Krone aufzusetzen, spielt er den Protagonisten des Romans auch im Film gleich selbst – schließlich hat er autobiographische Züge.
Klingt viel zu kompliziert? Kann schon sein. Und allen, denen eine solch verworrene Handlung zu viel für einen Film ist, der sie eigentlich unterhalten soll, sei es verziehen. Nocturnal Animals ist auch für niemanden empfehlenswert, der sich mit Thrillern, die durchaus eine gewisse Brutalität enthalten, grundsätzlich nicht anfreunden kann. Wenn man sich aber auf beides einlässt und die in die Geschichte eintaucht, fesselt dieser Film von Anfang bis Ende. Auch, weil das gesamte Ensemble ihn wirklich großartig spielt. Ein Beleg dafür ist unter anderem, dass der Golden Globe-prämierte Nebendarsteller bei den Oscars nicht einmal berücksichtigt wurde – dafür aber ein anderer. So oder so, irgendwie schaffen es Filme von Tom Ford, mich zu begeistern. Und wie gesagt – diesmal wusste ich vorher nicht einmal, dass es diesen Film überhaupt gibt. Aber rückblickend ist er für mich das Thriller-Meisterwerk des Jahres – obwohl er eigentlich eine Liebesgeschichte ist. Mit einem Ende, das unerwartet ist, irgendwie weh tut, aber doch absolut wünschenswert ist.
| Academy Awards 2017:
Actor in a Supporting Role (Nom.)
Noch so ein Film, den in Deutschland eigentlich kaum jemand so richtig wahrgenommen zu haben scheint. Auch das ist irgendwie nachvollziehbar. Auf den ersten Blick hat Manchester By The Sea irgendwie nicht so richtig viel Handlung, irgendwie nicht so viel Tempo und irgendwie nicht so eine sehr prominente Besetzung. Und wenn man dann genauer hinsieht, entdeckt man Tiefgang, Dramatik und wirklich herausragende schauspielerische Leistungen, die ein mutiges Drehbuch perfekt umsetzen – nicht nur Casey Affleck als Hauptdarsteller. (Was bitte veranstaltet Michelle Williams in wenigen Sekunden Bildschirmzeit? Und achten wir bitte alle in Zukunft mal auf Lucas Hedges!)
Die Geschichte eines einfachen Mannes aus dem absoluten Niemandsland, dessen Leben von einer Verkettung tragischer Ereignisse und folgenschwerer Entscheidungen geprägt ist, bewegt deshalb so sehr, weil sie von jedem Menschen ein kleines Stück enthalten könnte. Und wenn nicht vom Hauptdarsteller, dann vielleicht von einer der handelnden Personen, die durch mehr oder weniger direkte Begleitumstände von seiner Geschichte und seinem Leben betroffen sind.
Das langsame, fast schon quälende Erzähltempo, das immer wieder nur kurz von dramatischen, brennenden Momenten aufgebrochen wird, gerät zum Stilmittel, das die Tragweite des Films noch erweitert. Man will ausbrechen, weiter, vorankommen. Genau so, wie es die dargestellten Personen wollen. Aber es geht eben nicht. Und so fühlt man mit, wie sich die Ohnmacht des Lebens ausbreitet und letzten Endes keine andere Wahl bleibt, als sich dieser zu stellen. Und dann ist das Leben plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Manchester By The Sea hebt den moralischen Zeigefinger einerseits unauffällig und andererseits umso deutlicher. Der Film zieht runter und baut gleichzeitig auf. Er nimmt im wahrsten Sinne des Wortes mit. Selten ist alles so, wie es scheint. Oft gibt es mehr als nur eine Wahrheit. Und fast immer gibt es mehr einen Weg.
| Academy Awards 2017:
Actor in a Leading Role, Original Screenplay
Picture (Nom.), Actor in a Supporting Role (Nom.), Actress in a Supporting Role (Nom.), Director (Nom.)
Und hier ist er wieder: Der Film, der nicht im Kino war, der nicht in den Nominierungslisten der berühmtesten Filmpreise auftaucht und von dem viele vermutlich noch niemals etwas gehört haben, trotz über 33,5 Millionen Aufrufen auf YouTube.
Aber er gehört sowas von in diese Liste. Weil er schön ist. Ach was, schön ist gar kein Ausdruck. In A Heartbeat ist der Film, den ich 2017 am häufigsten gesehen habe. Das ist bei gut 4 Minuten Länge zum einen natürlich nicht schwer. Zum anderen liegt das aber auch daran, wie dieser Film ist. Was dieser Film ist. Nicht umsonst widmete ich In A Heartbeat einen eigenen, ganz persönlichen Blogbeitrag. Eigentlich mit dem Plan, das zukünftig auch für andere Filme zu tun. Doch es ist einfach kein anderer bisher wieder wie dieser. Ich will nun nicht wiederholen, was schon im Beitrag steht. Und ich könnte hier keine Beschreibung finden, die nicht auch dort schon steht.
Ich wünsche mir, dass dieser Film von Eltern mit ihren Kindern gesehen wird. Von Kindern mit ihren Eltern. Von Kindern gemeinsam, zuhause, im Kino, in Schulen. Er könnte so vieles bewirken.
Was für ein unglaubliches, grandioses Meisterwerk der Kunst. Das verdient mehr, als einfach nur einen Oscar! In A Heartbeat ist für mich der Film dieses Jahres bisher. 245 Sekunden Liebe.
Ich lache. Ich weine. Ich finde mich selbst darin wieder. Und jeder, der einmal verliebt gewesen ist, tut das. Denn der Film zeigt zwei Menschen, deren Herzen eins werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. 245 Sekunden Liebe.
Selten war mein Urteil so eindeutig. Und es gab weitaus schlechtere Jahre für den Film, als das vergangene. Sorry Kino, sorry Hollywood: In A Heartbeat ist mein Film des Jahres 2017.
Noch so ein Homo-Film! Nein, Scherz beiseite – Moonlight gehört zum Bewegendsten, das 2017 in Deutschland in die Kinos kam. Und es geht um so viel mehr als Homosexualität. Geht es überhaupt darum? Eigentlich ist Moonlight wieder einmal ein Film, der sich um die Probleme und Schwierigkeiten von dunkelhäutigen Menschen in den USA kümmert. Aber vielleicht erzählt er diese Geschichte eben anders, als andere Filme vor ihm. Und er schiebt der Diskussion darum, dass Hollywood viel zu sehr weiße Filmschaffende in den Vordergrund stellt, zumindest für 2017 einen Riegel vor.
Coming-Off-Age, Coming-Out, Kriminalität, Drogen, Familienkonflikte, Armut – Moonlight vereint das alles in einer Geschichte, ohne auch nur in einem dieser Punkte zu oberflächlich zu bleiben. Der Film hat alles, was es braucht, um länger als nur einige Wochen im Gedächtnis zu bleiben: Überraschende Wendungen, überzeugendes Spiel, eine durchdachte, tiefgehende Story und ein Soundtrack, der alles verbindet – um nur einige Punkte zu nennen. Eben weil es nicht nur ein weiterer „Schwulenfilm“ und nicht nur ein weiterer „Schwarzenfilm“ ist, kann kaum ein anderer großer Film 2017 Moonlight an politischer Aktualität und moralischer Aussagekraft erreichen. So einig sich auch die Experten waren, dass an La La Land wohl kein Film vorbeikommt und so toll gemacht der Film auch wirklich ist: Dieser hier ist viel, viel wichtiger. Er zeigt, dass die Schwierigkeiten, die daraus entstehen können, für das gleiche Geschlecht zu empfinden, eben nicht alles sein müssen. Ebenso wenig wie die, kein richtiges Zuhause zu haben, mit Drogen und dem Gesetz in Konflikt zu geraten oder in einer Sackgasse zu landen, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Und dass nicht nur das Leben, sondern auch Hollywood eben nicht immer für alle das augenscheinlich ideale Happy End bereit hält.
| Academy Awards 2017:
Picture, Actor in a Supporting Role, Adapted Screenplay
Actress in a Supporting Role (Nom.), Director (Nom.), Cinematography (Nom.), Original Score (Nom.), Film Editing (Nom.)
Ich oute mich jetzt mal: Ich mag die Art, wie Mel Gibson Filme macht. (Darf man das überhaupt sagen?) Hacksaw Ridge macht da keine Ausnahme. Und wenn man erstmal geschafft hat, über den ebenso wichtigen, wie aussagekräftigen deutschen Untertitel „Die Entscheidung“ hinwegzukommen, der wirklich so absolut gar keine vernünftige Aussage zu dem trifft, was in dem Film passiert, kann man den auch ganz gut ansehen. Wenn man Kriegsfilme mag. Und ungeschönte, realitätsnahe Gewaltdarstellungen. Oder auch einfach nur Andrew Garfield.
Spiderman war gestern, in Hacksaw Ridge verkörpert Garfield (ich wollte das immer schon mal so schreiben) einen überzeugten Pazifisten, der zum Kriegshelden wird. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, man merkt ihr aber die Überzeichnungen und Ausuferungen deutlich an. Ganz sicher hätte man die Story auch in einer halben Stunde weniger erzählen können, doch wer sich auf einen solchen Film einlässt, wird eben auch gern lange unterhalten. Und was an visuellen Effekten bei Abschüssen und Explosionen eingespart wurde, machen der fast schon schauderhaft realistische Ton, beinahe übertriebene Detailverliebtheit der Bilder (zugegebenermaßen insbesondere bei Schlacht- und Gewaltszenen – Mel Gibson eben) und die gute schauspielerische Leistung wett. Durch den ganzen Film zieht sich eine düstere, bedrohliche, ja fast schon gewalttätige, aggressive Stimmung, die einen tollen Kontrast und den perfekten Rahmen zur überzeigten pazifistischen Haltung des Protagonisten gegen alle Widerstände schafft. Die langsame und mühselige Wandlung vom verhassten Weichei zum gefeierten Helden ist wirklich keine besonders neue oder originelle Story-Idee für einen Film. Trotzdem ist sie unterhaltsam und wer Filme wie Der Soldat James Ryan mochte, wird auch an Hacksaw Ridge seine Freude haben. Und für Fans von Andrew Garfield ist er sowieso ein Muss. So gut war er nie.
| Academy Awards 2017:
Film Editing, Sound Mixing
Picture (Nom.), Actor in a Leading Role (Nom.), Director (Nom.), Sound Editing (Nom.)
Und noch so ein Kriegsfilm. Was Hacksaw Ridge im Zeitraum für die Preisverleihungen 2017 war, wird Dunkirk wohl 2018 sein. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als das. Eine erste Gemeinsamkeit der beiden Filme hat so gar nichts mit der Story zu tun: Ich kritisiere den deutschen Titel! Während ich es in der überdeutlichen Mehrheit der Fälle furchtbar finde, wenn der Originaltitel übersetzt oder mit einem mehr schlechten als rechten Untertitel versehen wird, kann ich hier nicht den geringsten Grund dafür erkennen, warum das nicht passiert ist. Dunkirk ist nichts anderes als das englische Wort für den Ort Dünkirchen. Der auch in der deutschen Synchronfassung im gesamten Film genau so genannt wird: Dünkirchen. Das Wort Dunkirk hingegen kommt gar nicht vor. Klingt aber natürlich irgendwie martialischer. Sei es drum.
Auf den ersten Blick ist Dunkirk gar nicht unbedingt prominent besetzt, aber bei genauerem Hinsehen stellt man zumindest als Filmfan dann doch fest, dass man einige der Namen schon mal irgendwo gelesen hat. Damit ist nicht nur Mark Rylance in einer nach Bridge of Spies wieder einmal eher zurückhaltenden, aber nicht minder wichtigen Rolle gemeint. (Wo kommt dieser Darsteller plötzlich her? Ich werde immer mehr zum Fan!) Wer hätte gedacht, dass Gilderoy Lockhart (Kenneth Branagh) sich auch als Armeeführer ganz hervorragend macht? Und überhaupt spielt das gesamte Ensemble überraschend gut. Ich bin gespannt, ob das für die eine oder andere Oscar-Nominierung ausreicht.
Als einer der wenigen Post-Oscar-Filme schafft es Dunkirk in diese Liste, weil er einer der wenigen Filme ist, die mich im späten Jahr 2017 nicht enttäuschten. Im Großen und Ganzen werde ich gut unterhalten, es knallt für einen Kriegsfilm angemessen oft, die Effekte sind ihm dabei auch wesentlich besser gelungen als Hacksaw Ridge (kein Kunststück, ich weiß), aber auch Ton, Bild und Story können da gut mithalten. Natürlich darf man, wie so häufig bei dieser Art Film, nicht unbedingt den größten Tiefgang erwarten und ist vermutlich weder vom Ausgang noch dem Verlauf der Handlung sonderlich überrascht. Trotzdem lohnt der Film, dank überzeugendem Sound, imposanter Aufnahmen und vieler kleiner Details in Story, Bildern und Spiel.
Ich kann es nicht ändern, ich mag die neue Planet der Affen-Reihe irgendwie. Ob es am fantastischen Spiel von Andy Serkis liegt, von dem ich schon seit der Herr der Ringe-Trilogie ein riesiger Fan bin? Warum gibt es eigentlich keine Oscar-Kategorie für die beste Motion-Capture-Darstellung? Andy Serkis wäre jetzt schon Rekord-Oscarpreisträger. (Grüße an Meryl Streep und Daniel Day-Lewis!)
Es ist eigentlich nicht wirklich die Hauptfigur Cesar, die für mich den Reiz dieser Reihe ausmacht. Als ich den ersten Teil der Trilogie sah, war ich mehr als skeptisch, ob diese Art Film mich würde begeistern können. Es ist viel Ballerei, viel konstruierte Problematik und, auch wenn man darüber hinwegsieht, dass es eben Sci-Fi ist, auch stellenweise sehr wenig realistisch. Der letzte Teil(?) der Saga macht da keine Ausnahme. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern sind die dargestellten Konflikte zwischen Menschen und Affen viel weniger global und deutlich persönlicher. Insgesamt ist die Story dadurch vielleicht etwas weniger episch, aber womöglich macht gerade das den positiven Unterschied aus. Die Eingangssequenz des Films erinnert stark an Vietnamkriegsfilme, zwischendurch hat das alles ein bisschen was von Indiana Jones und am Ende fühle ich mich wie in einer Parallelgeschichte von Avatar. Aber das alles ist irgendwie nichts schlechtes, sondern macht Survival für mich unterhaltsam. Denn die Hauptfiguren sind eben nicht Menschen, sondern Affen. Und weil die so gut gespielt (und animiert) sind, vergisst man das zwischendurch ein wenig. Auch hier macht der Film klare Fortschritte gegenüber seinen Vorgängern, bei denen man an manchen Stellen noch allzu deutlich kopierte CGI-Effekte erkennen konnte.
Was aber für mich den herausragenden Unterschied nicht nur zu den ersten beiden Teilen, sondern zu vielen anderen Action-/Sci-Fi-/Dystopie-Blockbustern des Jahres ausmacht, ist der Soundtrack. Die Musik besticht durch eine manchmal geradezu unerträgliche Einfachheit und Klarheit, das Klangmuster zieht sich durch den ganzen Film und wird in entscheidenden Momenten stark hervorgehoben um die Bedeutung des Augenblicks zu unterstreichen. Gepaart mit den bemerkenswert herausgearbeiteten Emotionen der animierten Affen entstehen so durch die Geschichte von Familie, Freundschaft und Zusammenhalt inmitten von actiongeladenem Kriegsschauspiel emotionale Momente, die unter die Haut gehen.
Nochmal Science Fiction, nochmal Dystopie – und schon wieder Ryan Gosling. Im Vergleich zu seinem bisher erfolgreichsten und wohl auch besten Film könnte seine Rolle in Blade Runner 2049 kaum unterschiedlicher sein. Und dennoch wird man das Gefühl nicht los, das diese hier vielleicht sogar ein bisschen besser zu ihm passt. Auch wenn es wieder nicht die schauspielerische Leistung des Kanadiers ist, die diesen Film außergewöhnlich macht.
Spätestens seit Mad Max: Fury Road bin ich ein großer Fan von Zukunftsszenarien, die globale Erwärmung, Fortschritt der Technik und das immer wieder einschneidende Vorkommen von Rassismus miteinander verknüpfen. Ohne den Original Blade Runner gesehen zu haben, der 30 Jahre vor diesem steht, finde ich problemlos in die Handlung und kann mich in das gezeichnete Weltbild hinein versetzen. Die gezeichnete Zukunftsvision von gezüchteten, unechten Menschen, die als Kontrast zur echten Menschheit fungieren mag beängstigend sein, kommt aber in ähnlicher Form immer wieder in Science-Fiction-Storys vor. Ich fühle mich unwillkürlich an Dredd erinnert. Ausgestorbene Großstädte, ganze Kolonien voller Müll und riesige, radioaktiv verseuchte Areale erscheinen angesichts heutiger Entwicklungen deutlich weniger weit hergeholt, als einem lieb sein kann. Und dennoch beinhaltet dieser Blade Runner einige Elemente, die sehr futuristisch wirken und seine Welt als fern unserer heutigen darstellen. Mir gefällt diese Vermischung, das Ergebnis lässt mich für die Dauer des Films völlig eintauchen und macht die geschaffene Atmosphäre glaubwürdig. Allein die Aufzeichnung dessen, was in Zukunft möglich sein könnte, ist sehenswert.
Wer sich mehr für gutes Schauspiel oder technische Errungenschaften begeistern kann, ist aber auch nicht völlig fehl am Platz. Neben Ryan Gosling nehmen Robin Wright (bekannt als Claire Underwood, House of Cards) und Oscar-Preisträger Jared Leto wesentliche Rollen ein. Ganz zu schweigen von Harrison Ford. Der Mann hat tatsächlich mehr als nur einen Gesichtsausdruck. Und nach Sylvester Stallones Auszeichnung für Creed wäre ich ehrlich gesagt über eine Golden Globe-Nominierung nicht einmal überrascht gewesen, auch wenn sich seine Zeit im Film auf einen größeren Cameo-Auftritt im letzten Drittel beschränkt.
Auch technisch kann der Film punkten. Der Sound erinnert mich phasenweise stark an das Tron-Prequel – was absolut als Kompliment gemeint ist – und die Bilder von verwinkelten, verbauten Stadtlandschaften und schier end- und trostlosen Wüsten und Einöden passen in eine Reihe mit den „Die Außerwählten“- und „Tribute von Panem“-Reihen oder eben Dredd. Natürlich kein weltbewegender Meilenstein der Filmgeschichte, aber für Fans dystopischer Sci-Fi-Blockbuster zweieinhalb Stunden gute Unterhaltung.
Bei diesem Film scheiden sich die Geister. Für die einen ist es ein erneutes Paradebeispiel dafür, dass man Filme mit Rihanna als Schauspielerin einfach nicht ernst nehmen kann, für andere der Beweis, dass Luc Besson einfach alles zu Gold macht und für wieder andere einfach ein guter Science Fiction Film, den weder das eine noch das andere herausragend kennzeichnet. Für mich persönlich ist Valerian sogar die Sci-Fi-Entdeckung des Jahres. Die Einflüsse französischer Produktions- und Ensemble-Mitglieder sind so groß, dass man ihn fast schon als französischen Film bezeichnen könnte. Und Valerian mag vieles sein – er ist absolut kein typischer Film des französischen Kinos. Visuelle Effekte, Soundtrack, Actionsequenzen und allem voran die kreierte Welt, in der der Film spielt, stehen den großen Sci-Fi-Sagas wie Star Wars und Star Trek in nichts nach. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Idee zur Welt, in der Major Valerian und seine Begleiterin Sergeant Laureline ihre Abenteuer erleben, ist sogar älter. Bereits 1967 erschien die (natürlich französische) Comic-Serie, die der Film zur Vorlage hat.
Moment! Major Valerian? Ganz recht. Nicht nur ich finde den Titel etwas irreführend. Denn Valerian ist nicht etwa die Stadt der tausend Planeten, sondern eben der vorhin genannte Titelheld. Sogar während ich den Film schaute brauchte ich eine Weile, bis das klar wurde. Das löst der Originaltitel „Valerian and the city of a thousand planets“ deutlich besser. Schließlich kann man 50 Jahre nach Erscheinen der Comic-Reihe nicht unbedingt damit rechnen, dass alle wissen, wer gemeint ist. Mal ganz davon abgesehen, dass in der Reihe Sergeant Laureline gleichberechtigte Titelheldin ist. Wo wir gerade davon sprechen: Was macht Cara Delevigne noch gleich beruflich? Auch zu ihrer Darstellung im Film gibt es verschiedene Meinungen. Mich überzeugt sie.
Ebenso wie die bereits genannten visuellen Effekte, aber auch das gesamte Design der unterschiedlichen Welten oder – um bei der Wortwahl des Titels zu bleiben – Planeten, in denen der Film spielt. Farbgebung, Kameraperspektiven und -fahrten und sogar die Musik passt sich den Handlungsorten an. Da hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht. Generell ist der Soundtrack überraschend gut – und das hat nur sehr wenig mit Rihanna zu tun. Die Mischung aus klassischem Filmsoundtrack des immer wieder sensationellen Alexandre Desplat (ja, auch der ist Franzose) – der sich dafür bei den Award-Nominierungen durch seine Arbeit für den Topfavoriten Shape Of Water aber quasi selbst im Weg steht – und Popsongs verschiedener Interpret*innen (Überraschung: Auch das kann Cara Delevigne) passt perfekt zum ständigen Wechsel der Schauplätze. Absolute Neuentdeckung ist dabei Alexiane (keine Französin, aber eine Nichte des Regisseurs), die den Titelsong A Million On My Soul besteuert. Dass der Song kein kommerzieller Erfolg wurde (Platz 68 in den französischen Charts) hat wohl auch ein wenig damit zu tun, dass auch der Film vielleicht nicht ganz so einschlug, wie er es eigentlich verdient gehabt hätte. Denn eigentlich hätte Die Stadt der tausend Planeten durchaus das der Science-Fiction-Kracher des Jahres zu werden. Eigentlich.
Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis. Und diese Zeit ist nun endgültig vorbei. Zwei Jahre lang warteten Fans und Filmbegeisterte in aller Welt auf die Fortsetzung der Weltraumsaga. Und nun, da er da ist, fällt es schwer, etwas über den neuen Star Wars zu sagen, ohne dabei zu viel zu verraten. Wer – so wie ich – unvoreingenommen in diese Galaxis eintauchen will, sollte wohl auf jegliches Qualitätsurteil verzichten. Also wird es auch von mir nicht wirklich eines geben. Denn völlig egal, wie dieser Film ist, schon allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Reihe ist er garantiert einer der wichtigsten Filme des Jahres. Noch dazu ist es der letzte große Auftritt von Carrie Fisher, über ein Jahr nach ihrem plötzlichen Tod. „In loving memory of our Princess.“
Sieht man einmal von der Story ab, die ich hier nicht weiter kommentieren möchte, reiht sich der Film in Sachen Effekte, Sounds, Action und Musik nahtlos da ein, wo er hingehört. Und auch wenn man die Vorgeschichte nicht kennt, kann man „Die letzten Jedi“ nicht nur verstehen, sondern sogar genießen. Es ist, rein technisch betrachtet, ein guter Film. Einzig an einer Sache habe ich, wie so oft, natürlich etwas auszusetzen. „Star Wars: The Last Jedi“ verrät weit weniger über die Story, als die deutsche Übersetzung. Denn das Original lässt weder Rückschlüsse über die Anzahl noch über das Geschlecht von Jedi zu. Dass Übersetzungen (nicht nur die deutsche) dieser offenen Formulierung nicht folgen konnten, machte einiges an Spannung schon im Vorfeld zunichte. Und das, so viel sei dann doch vorweg genommen, ist wirklich unnötig. „Der letzte Jedi“ hätte weit weniger verraten und bei exakt gleicher Story mindestens genauso gut funktioniert. Wenn nicht, in der Reihung der bisherigen Titel, sogar besser.
Nach diesem Zwischenteil der Saga darf man jedenfalls gespannt sein auf den (vorerst?) finalen Showdown, den sich Disney für den letzten Teil der dritten Trilogie überlegen wird. Es bleibt aber zu hoffen, dass es auch weiterhin kein typischer Disney-Film wird. Denn immerhin – ACHTUNG, SPOILER! – auch in Episode VIII spielt Micky Maus nicht mit.
Im letzten Jahr schrieb ich über den letzten Film in meiner Liste, dass man sich manche Dinge einfach nicht ausdenken kann. Andere wiederum, hat sich so manches Mal jemand erdacht und doch sind sie niemals so bewegend und schön, wie wenn die Realität sie schreibt. Der Film über die Irrwege und Rückkehr eines Waisenkindes zu seinen Wurzeln. Die Zusammenführung seiner beiden Familien, alle Sorgen, Ängste, Hindernisse, die das Leben auf beiden Seiten mit sich bringt, wirkt teilweise sehr absurd und konstruiert, sodass wenn man sich vor Augen führt, dass diese Geschichte wahr ist, sich dieselben immer wieder reiben muss.
Sunny Pawar spielt die Rolle des kleinen, indischen Jungen so überzeugend, dass es einem schon in den ersten Momenten des Films das Herz zerreißt. Der Kunstgriff, die Protagonisten Hindi sprechen zu lassen und zu untertiteln, lässt mich tief in das Zuhause des Jungen eintauchen und führt dazu, dass auch ich es vermisse und mir wünsche, dorthin zurück zu kehren. Dev Patel war lange Zeit völlig von der Bildfläche des erfolgreichen, begeisternden Films veschwunden. Aber dieses Comeback kann sich sehen lassen. An der Seite von Nicole Kidman, die seine Mutter spielt und sich dabei so emotional und zerrissen zeigt, wie man sie selten gesehen hat, entsteht ein klares Bild von Familie. Mit allen Konflikten, Freuden, kleinen und großen Problemen, Liebe, Abneigung, Zusammenhalt.
Vielleicht berührt er mich auch deshalb so, weil ich vieles zumindest in Ansätzen auch aus meiner eigenen Familie wieder entdecke. In jedem der Protagonisten erkenne ich Eigenschaften und Verhaltensweisen von Mitgliedern meiner Familie wieder. Das berührt mich auf einer Ebene, an die Lion vielleicht nicht bei allen heranreicht. Familie ist für mich ein wesentlicher Bestandteil meines Wohlbefindens und wird es auch immer sein. Einiges, das dieser Film zutage fördert, wäre für mich im echten Leben nur sehr schwer zu ertragen. Und dennoch bleibt es realistisch. Ich war lange nicht sicher, wie sehr er mich überhaupt interessiert, doch vom ersten Moment als ich ihn sah, hatte dieser Film mich richtig gefesselt. Großartige Bilder, in denen die Landschaften Indiens eingefangen werden, Emotionen, die mit nur einer Geste, einem Blick auf mich überspringen, Musik, die mich ins Mark trifft und alle Emotionen, ausgelöst von dem, was ich dort sehe, noch verstärkt. Womöglich mehr als bei anderen. Weil ich eben manchmal mehr Parallelen erkenne, als andere. Weil auch ich ein wenig das Gefühl hatte, nach einer ganzen Weile, die von Entbehrungen, Rückschlägen und schweren Entscheidungen mit nicht immer erfreulichen Konsequenzen geprägt war, endlich nach Hause zu kommen. Und so sitze ich da, starre auf die bewegten Bilder und Tränen des Glücks und der Erleichterung rinnen mir über das Gesicht. Und dabei ist es doch eigentlich nur ein Film.
| Academy Awards 2017:
Picture (Nom.), Actor in a Supporting Role (Nom.), Actress in a Supporting Role (Nom.), Adapted Screenplay (Nom.), Cinematography (Nom.), Original Score (Nom.)
Außerdem gab es da noch…
und weitere Filme, die 2017 Preise gewannen oder sie noch gewinnen werden, die beliebt waren und vielleicht sogar eigentlich zu den wichtigsten des Jahres gehören. Doch es bleibt dabei: Ich schreibe und urteile eben nicht über Filme, die ich (bisher) nie gesehen habe. Deshalb hat auch diese Liste eben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber wie in den letzten Jahren werden sich manche wohl noch auf meiner persönlichen Liste einfinden.
Und ja, natürlich waren da auch 2017 Filme, die ich ganz bewusst nicht gesehen, oder ganz bewusst nicht in diese Liste aufgenommen habe. Aber vielleicht, ganz vielleicht, finde ich diesmal dennoch die Zeit, darüber zu schreiben. Denn eine Liste der unnötigsten Filme des Jahres gibt es sicher auch 2017… 😉
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