Ganz offiziell läuft die Session seit dem 11.11. und ab morgen geht es dann auch auf den Straßen so richtig los. Wenn da nicht die leidige Diskussion um Armlängen, mögliche Gefahren und erhöhte Sicherheitsvorkehrungen wären, die ich, mit Verlaub, nicht mehr hören kann!
Nach zwei Wochen Klausur- und Prüfungsphase und damit verbundener Ruhepause, komme ich pünktlich zur fünften Jahreszeit auch hier wieder in Stimmung Wallung. Ganz Köln diskutiert seit den Ereignissen der Silvesternacht (zu denen ich auch eine Meinung habe) über mangelhafte Polizeiarbeit, fehlende Kapazitäten, eine Armlänge Abstand und – was das wichtigste ist – die Sicherheit des guten, alten Kölner Straßenkarnevals. Spätestens das halte ich für völlig unnötig.
Denn das, was ab morgen wieder eine knappe Woche lang auf den Straßen in und um Köln herum passiert, hat für mich mit gutem, altem Straßenkarneval ohnehin nicht mehr viel zu tun. Ich bin Rheinländer und Karnevalist, komme sogar aus der kleinsten großen Karnevalshochburg des Landes, also nicht völlig ahnungslos oder schunkelresistent. Im Gegenteil. Feiern, schunkeln, bützen – alles bekannt, alles erlaubt, sogar erwünscht. Aber das, was den Kölner Karneval in den letzten Jahren ausgemacht hat, war eben nicht überwiegend närrisches Treiben, sondern eigentlich genau das, was angeblich durch neue, überdachte Sicherheitskonzepte verhindert werden soll: Ein Grund, sich zu besaufen und ungestraft rumzupöbeln – wenn es denn dabei bleibt. Mal ehrlich: Wenn ich mich betrinken will, kann ich das an 355 anderen Tagen im Jahr auch und brauche nicht Karneval als Ausrede dafür!
Und ehrlich, zu meiner Zeit (wie das klingt – solange ist das wirklich(!) noch nicht her) hatten wir solche Probleme nicht. In anderen Städten wird nicht weniger ausgelassen gefeiert, ganz sicher auch mal (deutlich) über die Stränge geschlagen und ein, zwei, dreißig Bierchen über den Durst getrunken. Aber da wo ich Karneval feiere, geht es genau darum: Karneval. Feiern. Übrigens auch immer schon mit Beteiligung von Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind (traurig, dass ich das Gefühl habe, das extra erwähnen zu müssen). Und insofern teile ich die Meinung aller, die jeden, der andere Absichten hat, ausschließen wollen: Wer auf Kasalla (ich konnte nicht widerstehen, Grüße an T.L.) aus ist, der fliegt! Übersetzt heißt das: Jeder, der betrunken randaliert, darf gerne allein zuhause feiern, aber nicht im öffentlichen Straßenkarneval. Das hat aber weder mit Flüchtlingen noch mit Karneval zu tun, sondern mit Köln. In Düsseldorf hat man diese Probleme nicht (na gut, schlechtes Beispiel). Die Karnevalshochburg schlechthin will die fünfte Jahreszeit als das absolute Highlight deutschlandweit für sich propagieren. Dafür wird sogar regelmäßig der CSD im Sommer kleingehalten, damit die dazugehörige Parade bloß nicht die Größenordnung des Rosenmontagszugs erreicht. Schmeißt man aber jetzt wirklich konsequent alle raus, die einfach nur saufen wollen, wird das deutlich schwieriger – dann bleiben schlichtweg nicht mehr viele übrig. Nicht ohne Grund machen selbst alteingesessene Karnebalsbands (Beispiel: Bläck Fööss) mittlerweile bewusst einen Bogen um die Hauptbühnen in der Innenstadt. Tenor: Das hat mit Fastelovend nix zu tun!
Köln kann sich also überlegen, worauf es hier wirklich ankommt. Will man den größten Karneval? Den sichersten? Oder einfach den schönsten? Denn dann reicht es völlig aus, sich auf die alten karnevalistischen Grundtugenden zu besinnen: Spaß an d’r Freud, am Miteinander, am ausgelassenen, überschwänglichen, fröhlichen Feiern – und das hat nun rein gar nichts mit Rassismus, Gewalt und Aggression zu tun.
Kurz gesagt: Lääve un lääve losse. Dat hätt noch immer jot jejange!
Fastelovend zesamme. Alaaf!