Jeder hat sie, die Orte, die er liebt, wo er lebt.
Die kleinen und großen Flecken Erde, an denen er sich wohlfühlt. Die Stellen, die er anderen empfiehlt, wenn er will, dass sie eine gute Zeit haben.
Es sind die kleinen Teile des großen Ganzen, die man oft nur bei genauerem Hinsehen bemerkt. Hier sehe ich genauer hin! Ich hinterlasse meine Fußspuren und erzähle euch, wo…
Irgendwie ist das ja doch alles wie im Traum. Jetzt sitze ich hier, in einem Berliner Café mit einer Kanne voll duftendem, schwarzen Kaffee und einer ebenso großen mit Milch*, schaue hinaus, auf die belebte und heute regnerische Straße und spüre aus irgendeinem Grund genau dieses eine Gefühl, dass ich mir versprochen habe von dieser Stadt, die immer mehr mein Zuhause wird.
Das Café Berio ist einschlägig, schon gleich an der gut sichtbar in der Glastür aufgeklebten knallbunten Flagge zu erkennen. Dennoch hat es nichts von einem klassischen Szene-Laden, in dem sich ein ums andere androgyne Wesen die Klinke in die Hand drückt. Im Gegenteil. Es ist immer sehr beschaulich, egal wie voll es sein mag, einer sehr altmodischen aber wahnsinnig stilvollen Einrichtung und der stets passenden Musikauswahl sei Dank. Es läuft ein Mix aus Klassik, populärem Soul und irgendwie schrillem Durcheinander mit allen auf diesem Planeten verfügbaren Elementen der Fahrstuhlmusik, da kommt es durchaus vor, dass Alicia Keys und Elton John sich einreihen in unter normalen Umständen ohrenkrebserzeugende Geräuschkulissen. Hierher passt es.
Das Publikum ist alterslos, niemand interessiert sich für solche Oberflächlichkeiten, die Atmosphäre ist freundlich, herzlich und mit unterschwelligem Humor aufgeladen. Wann immer an einem Tisch gelacht wird, sieht man auch an anderen lächelnde bis grinsende Gesichter.
Die Bilder an den Wänden zeigen gemalte Portraits, die zum Teil mit Briefmarken überklebt sind. Die ausliegende Broschüre meint, der Betrachter schlüpfe so in die Rolle eines Voyeurs – und sie hat recht.
Insgesamt ist hier alles perfekt aufeinander abgestimmt, das Interieur, die Wandfarbe, der Dielenfußboden und die Tischdecken. Alles ist geschmackvoll geschmacklos, ganz wie es sein muss, ganz Berlin. Müßig zu erwähnen, dass nicht bei jeder hier angestellten Bedienung auszumachen ist, was an ihm oder ihr nun echt ist; gewiss nicht alles was man sieht – und sehen soll!
Die Auswahl auf der Karte reicht vom mehr als reichhaltigen Frühstück inklusive hausgemachter Konfitüre über Berliner Spezialitäten bis hin zu üppigen Eiskreationen. Mittags gibt es ein Tagesmenü aus zwei Gängen für 6,90 €.
Ganz zu schweigen von der in Cafés nun einmal üblichen Auswahl an Kuchen und Torten und eben Kaffeespezialitäten. Die ausgezeichnete Lage zwischen Zoo und Potsdamer Platz, direkt am Nollendorfplatz wird dabei keineswegs als Ausrede für überteuerte Preise genutzt. Bodenständig, bürgerlich, berlinerisch. So ist das Angebot und so auch die Preise.
Schon bei meinem ersten Besuch ist klar, hier werde ich einige Weilen verbringen, in der heimeligen Atmosphäre Schutz suchen vor trüben Herbst- und Wintertagen und im Sommer das Berliner Flair unter der Markise direkt an der Straße genießen. Und für eine Flagge an der Tür oder auch nicht, vollkommenes Desinteresse entwickeln.
Café Berio
Restaurant – Café – Patisserie
Maaßenstr. 7 – 10777 Berlin
>> Die schönste Zeit im Leben sind die kleinen Momente, in denen du spürst, du bist, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. <<
Verfasser Unbekannt
*Kaffee ohne viel Milch zu servieren ist hier geradezu undenkbar!
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