Gendern ist falsch und bleibt falsch! Kein Gendersternchen oder sonst irgendwelche Schreibweise. Es bleibt bei „männlich“ und „weiblich“.
Beitragsbild: Stoppt den Genderwahn

Letzte Woche Freitag verkündete der Rat für deutsche Rechtschreibung, dass es (zunächst) keine Empfehlung für ein bestimmtes Zeichen zur korrekten Genderung von mehr als zwei Geschlechtern in deutschsprachigen Texten gibt. Auf deutsch heißt das: Korrektes Gendern (in akademischen Texten) bleibt falsch! Das klingt komisch? Ist aber so:

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erzählt die Chefredakteurin des maßgeblichen Mediums für die Empfehlungen von deutscher Rechtschreibung, dass sie diese Entscheidung, die streng genommen keine ist, für einen „tragfähigen Kompromiss“ hält. Die Frage ist nur, ob das auch die Menschen so sehen, die davon betroffen sind, dass es für ihr Geschlecht weiterhin in der deutschen Sprache keine korrekte Schreibweise gibt. Denn die Empfehlungen des Rates führen nicht etwa zwangsläufig zu einer Verpflichtung, ab sofort alles anders zu machen, als bisher, sondern können auch bisherige Schreibweisen ergänzen.

Verfassungsgericht hin oder her!

Im Interview wird weiterhin erklärt, welche Auswirkungen Entscheidungen dieses Gremiums haben – und damit auch, welche Folgen es hat, wenn es eben keine Änderungen gibt:

„Es ging nie darum, den Stern verpflichtend einzuführen. Das liegt nicht in der Kompetenz des Rates, wir sind nur für die Rechtschreibung zuständig. Es ging lediglich um die Frage, ob der Stern (…) zu tolerieren wäre. Das hieße, dass er beispielsweise in der Schule nicht als Fehler angestrichen würde.“
Kathrin Kunkel-Razum

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wenn Schüler*innen in deutschsprachigem Schulunterricht das Gendersternchen, einen Unterstrich oder sonstige Schreibweisen zum Ausdruck anderer Geschlechter als „männlich“ oder „weiblich“ benutzen, ihnen das zwingend als Fehler angestrichen werden muss. Insofern haben auch Lehrende keinerlei Möglichkeit, die bereits vom Verfassungsgericht festgestellte Existenz anderer Geschlechter auch vollständig im Lehrplan zu integrieren.

Klingt paradox, oder? Das sehen nicht alle so. Letzte Woche beteiligte ich mich auf Facebook an einer Diskussion (was an sich schon selten genug geschieht) unter einem Link zu dem angesprochenen Interview, in der es durchaus auch die Ansicht gab, „alle Lösungen, welche die Schriftsprache so extrem von der gesprochenen Sprache“ entfernten, seien „vollkommener Blödsinn“.

„Niemand redet in Sternen, X en, binnen-Is, usw.“

Schon mit dieser Aussage widerspricht der Thesengeber seinem eigenen Argument, man solle genau aus diesem Grund auch nicht so schreiben.
Schließlich spricht auch niemand „usw.“ so aus, wie man es schreibt (also „U S W“). Trotzdem käme niemand auf die Idee, die Abkürzung zu verbieten. (Oder gar, den „Punkt“ – also ein Zeichen – auszusprechen.) Auch im Interview wird darauf verwiesen. Doch schließlich geschieht genau das aber mit den genderkorrekten Schreibweisen momentan. Sie sind (aus schulischer Sicht) schlicht nicht erlaubt. Es ist also genau umgekehrt, wie diejenigen behaupten, die gegen den sogenannten „Genderwahn“ demonstrieren. Nicht ihnen wird verboten, die alte Schreibweise beizubehalten, sondern allen, sagen wir, progressiven Personen wird genau diese Aufgeschlossenheit in der Schriftsprache untersagt.

Dabei ist die Aussage, niemand rede „so“ auch schon an sich falsch. Ich gebe zu, nicht immer gelingt es mir, meine gesprochenen Worte so zu wählen, dass automatisch auch alle Geschlechter einbezogen sind. In meinen Texten achte ich seit geraumer Zeit verstärkt darauf, entweder genderneutrale Formulierungen zu finden (etwa „Studierende“ statt „Studentinnen und Studenten“), oder eben genau dieses Sternchen, einen Unterstrich oder was auch immer zu verwenden, das passend erscheint, um niemanden auszuschließen.

„Eine Frage der Einstellung“

Denn genau das geschieht mit der aktuellen Schreibweise. Menschen werden ausgeschlossen. Was jahrelang (und auch zuweilen heute noch) mit weiblichen Personen geschah und heute niemand mehr wirklich richtig findet, geschieht eben weiterhin mit allen Menschen, die nicht männlich oder weiblich sind. Um das vermeiden zu wollen bedarf es natürlich mehr, als nur einer Erlaubnis irgendeines Gremiums. Viel wichtiger ist die Anerkennung, dass es auch andere Geschlechter gibt. Und nicht nur die formelle, durch das Verfassungsgericht, sondern eben auch die ideelle. Jeder Mensch unserer Gesellschaft ist gefordert, seine eigene Einstellung, sein Gefühl dazu, sein Bewusstsein zu verändern oder verschärfen.

Es gibt auch andere Ansichten, aber eine einheitliche Schreibweise hätte meiner Meinung nach geholfen, gerade die militanten Demonstrierenden gegen den Genderwahn auch einiger Argumente zu berauben. Denn zurzeit ensteht durch die sehr vielen verschiedenen Möglichkeiten tatsächlich ein recht chaotisches Bild, wenn in verschiedenen Texten verschiedene Schreibweisen genutzt werden. Die Meinung, dass das ja alles nur Durcheinander in unserer Sprache anrichte, lässt sich dadurch wesentlich leichter vertreten. Und in dieser Hinsicht mag man Leuten auch gar nicht so recht widersprechen, die die aktuelle, unübersichtliche Situation als „Wahnsinn“ bezeichnen.

Schluss mit dem Genderwahn!

Also sollten wir alle aufhören, über Schreibweisen zu diskutieren und zu überlegen, ob das, was man schreibt auch gesprochen werden kann und wird. Weniger denken, mehr fühlen. Denn wenn wir alle verinnerlichen, dass es nicht nur „männlich“ und „weiblich“ gibt, werden wir auch von ganz allein ein Sprachgefühl entwickeln, dass genau diese Einstellung auszudrücken vermag. Dass das einfacher ist, als der aktuelle Genderwahn zu vermitteln vermag, erkennt man an der Lösung, die auch in der Facebook-Diskussion vorgeschlagen wird:

„Kurze Pause beim Sprechen machen – fertig ist die Sache.“ Zu diesem Vorschlag habe ich einschlägige Erfahrungen gemacht – und dementsprechend eine klare Meinung: Es gibt auch durchaus schon Menschen, die auch genau das beim Sprechen machen. Nämlich die mit der entsprechenden Einstellung und dem Bewusstsein, sich nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Sprechen genderkorrekt auszudrücken. Das Argument „niemand redet in…“ ist also keines. Machen wir uns nicht selber verrückter als unbedingt nötig. Das Wort „Wahn“ trifft nämlich eher auf den Aufstand zu, der allenthalben um eine Sache gemacht wird, die alle, die sie befürworten, dem Vernehmen nach als selbstverständlich ansehen. Und der Anfang ist ja gemacht, wie die Diskussionen und Auseinandersetzungen mit dem Thema in allen Gesellschaftsschichten zeigen. Stoppen wir den Genderwahn, der Rest kommt von allein.

Share on facebook
Facebook
Share on twitter
Twitter
Share on linkedin
LinkedIn
Share on xing
XING
Share on pinterest
Pinterest
Share on whatsapp
WhatsApp
Share on email
Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on xing
Share on pinterest
Share on whatsapp
Share on email

Eine Antwort

  1. Was sollte im Mittelpunkt stehen? Sich selbst bestätigen und in einem recht kleinem Umfeld Applaus zu bekommen – oder etwas für das Anliegen, für die Sache zu tun? In der Regel stimmen Menschen einer extrem durchgegenderten Sprache zu, die bereits inhaltlich völlig auf unserer (ja, unserer!) Seite sind. Menschen, die wir aber erreichen wollen und müssen, werden davon eher abgestoßen. Mitunter erreicht man damit also das genaue Gegenteil. Sprache muss sich immer verändern können, ja – aber das geht nicht im Hauruckverfahren. Und man sollte auch Sprache an DIESER Stelle nicht zu viel Bedeutung beimessen. Denn die Probleme sind in Ländern, in denen Sprache weniger geschlechtsspezifisch zu sein scheint die gleichen wie bei uns. Wie wäre es also, erst einmal an die echten Probleme heranzugehen? Was passiert, wenn wir uns sprachlich zu sehr von unseren Zielgruppen entfernen habe ich z.B. hier an einem andere Thema gezeigt: „Warum politisch korrekte Sprache den Nazis helfen kann“

    Zum Thema „Sprechen können“. Deine Vergleiche hinken – wie auch alle, die ich zu dem Thema gelesen habe. „usw“ und „u.s.w.“ kann ich sprechen, es ist nur eine Abkürzung. Hier wird aus Faulheit gesprochene Sprache im Text anders dargestellt. Punkte und Kommas kann ich auch sprechen, hier eben mit den Pausen oder mit einem bestimmten Redefluss. Der Stern oder andere Lösungen mit X und Co, wollen aber viel mehr aussagen, also nur „Männer und Frauen“. Dies ist, wenn man den Code kennt, in der Schriftsprache auch offensichtlich möglich. Im Gesprochenen geht das aber völlig unter. Wir würden, wenn das mit der Pause hinkommen würde, den Stern garnicht brauchen. Wir könnten z.B. einfach mit dem Binnen-I weiter schreiben, eine Schreibweise, die sogar Gendergegner wenigstens ein bisschen akzeptieren. Wo bleibt also diese viel tiefere Dimension, die der Stern haben soll, im Gesprochenen?

    Ein letzter Gedankenanstoß: Mir scheint es manchmal, als ob es den „Genderwahn“-Anhängern (ich greife mal Deine Wortwahl auf) mehr um das Gendern, als um die Sache geht. Denn sonst würden sie nicht andere Leute, die in der Sache auf ihrer Seite stehen derart angreifen. Die Aggressivität, mit der hier oft argumentiert wird, ist schon spannend.

    p.S. – Es wäre ein guter Stil gewesen, mein Facebook-Posting nicht einfach nur als Screenshot zu verwenden, sondern mir auch zu sagen, dass Du mich in Deinem Artikel aufgreifst. Oder?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Auch spannend: